Mittwoch, 6. November 2019

Bau von 1902 weicht Elektroladesäulen und Parkplätzen

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„Spritzenhaus mit Wohnung, angebautem Abort und Hofraum“ stand 1903 im Kataster. Die Tage des zweiten Feuerwehrhauses der Gemeinde sind jetzt gezählt. Fotos: smü

 

Kirchehrenbach     Stolze 117 Jahre stand es an der Hauptstraße, stolze 64 Jahre beherbergte es in offizieller Form die gemeindlichen Utensilien zur Brandbekämpfung: Das zweite Feuerwehrhaus der Gemeinde wird dieser Tage abgerissen. An seiner Stelle soll es im nächsten Jahr Parkplätze sowie Ladesäulen für Elektroautos geben. Eine quasi „letzte Ehre“ hat ein Teil der Feuerwehrfrauen und -männer dem Gebäude mit einer Übung erwiesen. Die Atemschutzgeräteträger waren am Montagabend an dem kleinen Haus und probten den Einsatz.

Bis zuletzt fanden sich hinter den alten, hölzernen Toren die Handdruckspritze von 1901, die alte Tragkraftspritze von 1949 und weitere kleinere Gegenstände. Außerdem auch zwei Spritzen der Feuerwehr Muggendorf, die in den 1980er Jahren von einem früheren Kirchehrenbacher Feuerwehrmann erworben wurden. Mittlerweile befinden sie sich wieder dort, wo sie hingehören: Im Besitz der Kameraden aus der Gemeinde Wiesenttal. Letzten Samstag haben sie ihre historischen Löschmaschinen abgeholt.  

Blick zurück: Bezirksamtmann forderte schon 1882 zweite Löschmaschine

Wie kam es eigentlich zum Feuerwehrhaus an dieser Stelle? Der Heimatpfleger und frühere Lehrer Georg Knörlein aus Kirchehrenbach hat das Gebäude in verschiedenen geschichtlichen Abrissen erwähnt. In einer Chronik, die anlässlich des 110. Feuerwehr-Geburtstages 1987 von ihm verfasst wurde, skizziert er die Geschehnisse kurz vor der Jahrhundertwende.

Der Königliche Bezirksamtmann (= Landrat) merkte mehrmals bei Gemeindevisitationen (1882, 1886 und 1898) an, dass eine zweite, moderne „Löschmaschine“ angeschafft werden sollte. Die vorhandene große Handdruckspritze (Baujahr 1844) kann alleine den Brandschutz im eng bebauten Ort nur schwierig gewährleisten. Die Gemeinde schob das aber etwas vor sich her. Gleichzeitig wäre die Unterbringung von zwei Spritzen das nächste Problem gewesen: Das „Bronnenhaus“ oder Feuerleiterhäuschen – das allererste Spritzenhaus Kirchehrenbachs an der Ecke Bahnhofstraße/Brunnengasse – wäre zu klein gewesen. Aber auch hier ließ sich die Gemeinde offensichtlich nicht überzeugen. „Die Erbauung eines neuen Spritzenhauses ist dringend nötig und nicht länger zu verschieben“, heißt es im Protokoll von 1898. Bürgermeister Amon merkt mit Bleistift an: „Zurückgestellt“. Als 1899 der Ton des Königlichen Bezirksamtes etwas deutlicher wird („Die nunmehr für das nächste Jahr in Aussicht genommene Erbauung eines neuen Spritzenhauses darf nicht wiederum verschoben werden“), tut sich etwas am Fuße des Walberla. Vermerk des Bürgermeisters: „Geschehen“. Es gehen aber noch einmal eineinhalb Jahre ins Land, bis der Gemeinderat am 4. November 1900 entscheidet, dass eine zweite Löschmaschine angeschafft und ein „Maschinenhaus“ gebaut wird.

Im Juli 1901 wurde (die jetzt noch vorhandene) Handdruckspritze ausgeliefert, sie musste aber vorübergehend in der Schulscheune untergebracht werden. Im darauffolgenden Jahr war es dann endlich soweit. Mit der Kurzbeschreibung „Spritzenhaus mit Wohnung, angebautem Abort und Hofraum“ erfolgte 1903 der Eintrag ins Kataster. Knapp 2.400 Reichsmark kostete der Bau.

Nutzung bis in die späten 1960er Jahre

Drei Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs, 1948, zieht ein Tragkraftspritzenanhänger in das kleine Feuerwehrhaus ein. Die erste, damals über 100 Jahre alte Handdruckspritze, wird öffentlich versteigert. Im Jahr 1962 folgt die Einweihung eines neuen Schlauchtrockenturms, der die alten Schlauchmasten ablöst. Das 1963 vom Zivilschutz (der spätere Katastrophenschutz) in Kirchehrenbach stationierte Löschfahrzeug (LF 16-TS, Magirus „Eckhauber“) muss aus Platzgründen in einer Maschinenhalle an der Leutenbacher/Öberköhrstraße untergestellt werden, bis 1966 der Einzug ins neue Feuerwehrhaus in der Leutenbacher Straße erfolgt. Damit endete auch die (feuerwehrtechnische) Nutzung des Gebäudes – bis auf die bis jetzt andauernde Unterbringung der alten Spritzen.

Auch wenn keiner der jetzigen Feuerwehrangehörigen einen persönlichen Bezug zu dem Gebäude hat, ein Stück (Feuerwehr-)Geschichte Kirchehrenbachs geht mit dem Abriss verloren. Es bleiben die Erinnerungen an das unscheinbare Gebäude neben der Hauptstraße – und vor allem Bilder. Der Feuerwehrverein hat bereits Pläne zur Unterbringung der historischen Handdruckspritze. In den nächsten Monaten wird das konkreter.

 

Hinweis: Wer alte Bilder von diesem Gebäude hat oder weiß, wo sich etwas zufällig in Familienalben findet (auch wenn das Spritzenhaus nur Beiwerk ist), darf sich sehr gerne an die Feuerwehr wenden (E-Mail Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! / Telefon 09191 7364595). Wir würden uns freuen!

 

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So sah es bis zuletzt aus: Vorne die Kirchehrenbacher Spritze, hinten die Muggendorfer. Sie wurde mit einer weiteren Löschmaschine in den 1980er Jahren von einem ehemaligen Kirchehrenbacher Feuerwehrmann erworben und untergestellt. Ende 2018 wurde mit den Muggendorfern die Rücknahme abgesprochen.

 

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Vor dem Abriss wurde das Gebäude noch einmal für eine Übung der Atemschutzgeräteträger genutzt.

 

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Ein Teil der Atemschutzgeräteträger(innen) aus dem Jahr 2019 vor "historischer Kulisse" (1902) ... Foto: Feuerwehr/Svenja Bächer