Samstag, 8. Juni 2024

 

Waldbrandübung: Feuerwehr und Bergwacht trainierten unterhalb des Dreiländerecks im unwegsamen Gelände den Ernstfall

 

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Erster Löschangriff mit Löschrucksack, dahinter folgen Handwerkzeug, später D-Schläuche.

 

Fotos: Feuerwehr (dh, smü, sb), Bergwacht, Florian Burkhardt, Max Kätscher und Thomas Heumann

 

Kirchehrenbach    Auch wenn das Wetter der letzten Tage und Wochen zum Glück nicht Waldbrandverdächtig war, wissen die Einsatzkräfte aufgrund der letzten Jahre: Mehrere Wochen Trockenheit, Hitze und Wind sind ein gefährlicher Mix für Vegetationsbrände. Zum zweiten Mal hat die Feuerwehr Kirchehrenbach deshalb eine Waldbrandübung durchgeführt. Unter dem Decknamen „Dreiländerfunken“ waren in der nordöstlichsten Ecke des Gemeindewalds rund 70 Ehrenamtliche von Feuerwehr und Bergwacht gefordert.

Unterhalb des Aussichtspunkts „Dreiländereck“ hatte Kommandant Sebastian Müller das Szenario vorbereitet: Wanderer verursachten durch eine weggeworfene Zigarette ein Feuer, es breitete sich entlang des Wegs aus. Das Schadensgebiet auf mehr als 420 Metern Höhe ist nur zu Fuß erreichbar: Ein Herankommen war für die Einsatzkräfte nur über den Wanderweg (ca. 300 Meter bergauf, ca. 50 Höhenmeter) oder einen 250 Meter entfernten Forstweg möglich.

Zuerst musste Einsatzleiter Stefan Schmitt mit 26 Kirchehrenbachern die Einsatzstelle erreichen - ein schwieriges Unterfangen: Die Anfahrt mit dem Hilfeleistungslöschfahrzeug dauerte auf der vier Kilometer langen Strecke vom Feuerwehrhaus rund 30 Minuten auf den teilweise zugewachsenen und engen Forstwegen. Unterstützung erhielten die Kirchehrenbacher von der Feuerwehr Ebersbach (Markt Neunkirchen/Brand), die sich ebenfalls seit Jahren mit dem Thema Vegetationsbrandbekämpfung auseinandersetzt. Handwerkzeuge und Löschrucksäcke kamen von zwei verschiedenen Seiten im Erstangriff zum Zuge, bis die Schlauchleitungen - unter anderem rund 250 Meter bergauf - verlegt waren. Die Kirchehrenbacher Feuerwehrleute testeten erstmals real die neuen einlagigen Schutzjacken - wenngleich sie das Schwitzen allgemein nicht verhindert, war das Feedback nur positiv. Optimaler und angepasster Schutz in der Persönlichen Schutzausrüstung.

Um einen weiteren Löschwasserbedarf abzudecken konnte auf ein Tanklöschfahrzeug der Feuerwehr Ebermannstadt samt Besatzung zurückgegriffen werden, für die Erkundung und Lotsendienste im Gelände war das Quad der Feuerwehr Gößweinstein unterwegs.

Bergwachten sichern im Steilhang Löscharbeiten

Höhepunkt war der Besuch von zehn Ehrenamtlichen der Bergwachten aus Murnau (Kreis Garmisch-Partenkirchen) und Altötting. Sie brachten einen von zwei Umweltanhängern der bayerischen Bergretter mit, der über spezielle Ausrüstung zur Sicherung von Feuerwehrleuten bei Berg-Waldbränden mitführt. Bei der Kirchehrenbacher Übung kam er erstmals in Nordbayern zum Einsatz.

Im weiteren Verlauf sah das Drehbuch vor, dass durch Wind Flugfeuer einen gegenüberliegenden Steilhang entzündet. Um diese „Spotfeuer“ abzulöschen, mussten Feuerwehrleute mit dem oberbayerischen Spezialgerät gesichert und abgeseilt werden. Zur Ausstattung des Anhängers zählen hitzebeständige Seile, feuerfestes Sicherungsmaterial aus Aramid sowie tragbare Gerätschäften wie spezielle Motorsägen, Hacken oder Transportkisten. Dabei konnten die mitübenden Kräfte der Bergwacht Forchheim auch erstmals die Ausrüstung praktisch einsetzen und eine Einweisung absolvieren. Darüber hinaus übernahmen sie die rettungsdienstliche Absicherung - mit samt einem (gespielten) umgeknickten Feuerwehrmann.

THW sorgt für realitätsnahen Waldbrand

Unterstützend war das Technische Hilfswerk (THW) Kirchehrenbach mit fünf Ehrenamtlichen dabei: Sie bedienten Nebelmaschinen, Rauchtöpfe und anderes mehr, um den Waldbrand realistischer aussehen zu lassen. „Eine kurze Nachfrage hat ausgereicht, es kam ein ‚na klar‘ zurück“, freute sich Feuerwehrchef Müller über die seit mehreren Jahren freundschaftliche Zusammenarbeit der roten und blauen Einsatzkräfte in der Walberlagemeinde. Neben Rauchtöpfen und „Flammen“-Luftballons sorgten mehrere echte Feuer für die Übungsdarstellung.

Und auch die Firma SG-Einsatztechnik aus Eschlkam (Kreis Cham) unterstützte die Übung: Firmenchef Andreas Grund brachte ein UTV (Utility Task Vehicle) mit, also ein geländegängiges Kleineinsatzfahrzeug, um die Vorteile im Gelände praktisch testen zu können. Dieses Fahrzeug konnte die Einsatzstelle in kürzester Zeit erreichen.

Viel Vorbereitung, viele Absprachen

Federführend organisiert und vorbereitet wurde „Dreiländerfunken“ Kommandant Sebastian Müller. Nach „Funkenflug“ (2021, 800 Meter Luftlinie entfernt) war das die zweite Waldbrandübung dieser Art in der Region. Von den Ehrenamtlichen selbst wusste keiner über die Örtlichkeit und das Szenario Bescheid.

„Unsere Ziele waren die Orientierung und Bewegung im Gelände zu trainieren – das ist was ganz anderes, als auf der Straße neben einem brennenden Gebäude anzuhalten. Auf dem Forstweg ist es wichtig, die Einsatzfahrzeuge richtig zu positionieren, viel Drehen oder Umwenden geht nicht“, erklärte Kommandant Müller.

Unterstützt wurde der Feuerwehrchef vom Leiter der Bergwacht Forchheim, Thomas Obeth, seinen Kommandanten-Kollegen Daniel Wimmelbacher (Ebersbach) und Florian Burkhardt (Kleinsendelbach) sowie Volker Gebhard und Stefan Lalla vom THW-Ortsverband.

Im Vorfeld involviert waren auch das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Bamberg mit dem neuen zuständigen Förster Thomas Löhr sowie seiner Kollegin Rita Kraus (Streitberg). Sie sowie Dritter Bürgermeister Konrad Galster, Gemeinderat Johannes Bail und Kreisbrandrat Oliver Flake informierten sich vor Ort ausgiebig über die Übung.

Löschroboter aus Hollfeld

Weiterer besonderer Gast war zum Ende der Waldbrandübung der Besuch der Feuerwehr Hollfeld aus dem Nachbarlandkreis Bayreuth. Sie verfügt seit einigen Monaten über den taktischen Einsatzroboter „Wolf R1“. Er erlaubt es Einsatzkräften außerhalb der direkten Gefahrenzone zu bleiben und zum Beispiel bei Vegetationsbränden in Aktion zu treten. Auch bei drohender Einsturzgefahr oder einer Gefahrstofferkundung kann er eingesetzt werden. Ausgestattet ist der „Wolf R1“ mit einem Wasserwerfer, einer Wärmebildkamera sowie vier Fahrkameras. Diese bei den Feuerwehren relativ neue Technik sollte den Übungsteilnehmern am Samstag einen „Blick über den Tellerrand“ ermöglichen. 

Unfall funkte dazwischen

Allerdings kam der Löschroboter nicht wie geplant im Wald zum Einsatz: Gegen 16 Uhr informierte die Polizei den Kommandanten über einen Unfall in der Nähe des Friedhofs mit auslaufenden Betriebsstoffen. Nach einer Erkundung forderte er die bereits auf die Waldbrandübung wartenden Kräfte aus Hollfeld zur Beseitigung an. Kurzerhand wurden die noch im Zug sitzenden Passagiere von den Hollfelder Kräften per Ladebordwand ihres Gerätewagens. Ein weiteres Eingreifen von Seiten der Feuerwehr war nicht nötig.

Beim gemeinsamen Abschluss samt Imbiss am Feuerwehrhaus gegen 18 Uhr dankte Kommandant Müller allen Beteiligten für die Unterstützung und für das „dabei sein“. Ein lehrreicher Nachmittag für alle.

 

Hinweis: Weitere Bilder gibt es auch auf den Social Media-Kanälen der Feuerwehr (facebook/instagram). Videomaterial folgt dort ebenfalls noch (10. Juni 2024).

 

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Aus der Luft: Am linken Bildrand war die Einsatzstelle. Oben im Hintergrund Reifenberg.

 

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Start: Die Bergwacht-Einsatzkräfte absolvieren eine erste Einweisung in das Spezialgerät aus Oberbayern.

 

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Alle Schläuche weg: Das Löschfahrzeug war nach dem Verlegen der knapp 300 Meter Leitung leer.

 

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Löschrucksäcke, Handwerkzeug wurden eingesetzt, bevor auch D-Rohre (die kleinste Schlauchgröße) eingesetzt wurden. Erstmal testeten die Atemschutzgeräteträger die die für solche Einsätze neue einlagige „Sommerjacke“.

 

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Effekte für den Waldbrand: Rauchtöpfe, Flammen-Luftballons und einige reale Feuerstellen. Für Rauch und Feuer zeichnete das THW verantwortlich - hervorragend ausgeführt.

 

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Die Bergwacht versorgt einen (fiktiv) umgeknickten Feuerwehrmann.

 

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Letzte Rauchschwaden über der Einsatzstelle, unten links ist der Gerätewagen Logistik zu erkennen - oben in der Mitte das Walberla.

 

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Nachlöscharbeiten: Ein Ebersbacher Trupp löscht mit dem D-Rohr, ein Kirchehrenbacher Trupp arbeitet mit Handwerkzeugen im Boden (Glutnester).

 

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Der Wind sorgte für Flugfeuer (rote Hütchen). Mit dem Sicherungsmaterial der Bergwacht Murnau für Berg-Waldbrände wird ein Feuerwehrmann mit Löschrucksack vorsichtig abgeseilt.

 

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Weiterer Übungsbestandteil: Führungsunterstützung des Einsatzleiters: Lagekarte und Kräfteübersicht.

 

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Das Ende der knapp 300 Meter langen Schlauchleitung bergauf (ca. 50 Höhenmeter).

 

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Der Löschroboter aus Hollfeld wurde den Übungsteilnehmern zum Schluss noch in Aktion gezeigt.