Samstag, 9. November 2024
Richtig und frühzeitig: Taktische Ventilation Thema für Führungskräfte
Am leerstehenden Gasthaus zum Walberla wurde praktisch getestet. Torsten Bodensiek erklärt gerade das Vorgehen. Fotos: Feuerwehr
Kirchehrenbach Da wehte am Samstag quasi ein anderer Wind: Bei der jährlichen Führungskräfte-Fortbildung der Feuerwehren Kirchehrenbach, Leutenbach und Weilersbach haben sich die Teilnehmer mit dem Thema „Taktische Ventilation“ befasst. Torsten Bodensiek, Fachbuchautor und Inhaber von taktischeventilation.com, war dazu zu Gast. „Was wir schützen wollen, ventilieren wir“ lautete sein Motto.
Zu oft wird der Lüfter nur nach Bränden zum Herausblasen des Rauchs verwendet, dabei kann das Einsatzgerät unter den richtigen Voraussetzungen und bei richtiger Anwendung einiges mehr. Mit den Ergebnissen seiner umfangreichen Tests, Messungen und Workshops im In- und Ausland, zeigte Bodensiek den Zug- und Gruppenführern wie ein frühzeitiger Einsatz die Wärme in Brandräumen reduziert und Flucht- und Rettungswege frei von Rauch hält. „Weg von der Belüftung nach dem Einsatz, hin zu taktischen Maßnahmen für die eigene Sicherheit und den Gesamterfolg des Einsatzes“ war das Credo. Dabei räumte der Referent mit zahlreichen Mythen auf, die sich über Jahrzehnte in der Feuerwehrwelt gefestigt haben – überwiegend aber ohne praktischen Beweis bzw. Hintergrund. Das fing beim richtigen Abstand zwischen Lüfter und Zuluftöffnung an …
Nach einer umfassenden theoretischen Unterweisung ging es auch an das ehemalige Gasthaus zum Walberla. In dem leerstehenden Gebäude zeigte der Referent, wie mit dem Standard-Lüfter über einen knapp 60 Meter langen Ventilationskanal innerhalb weniger Sekunden zwei Zimmer rauchfrei waren. Im Echteinsatz hätte der Atemschutztrupp schnell – ohne Behinderung durch den Rauch – bis zum Feuer vordringen können, dort angekommen würde der Druck des Lüfters den Rauch und die Hitze nach außen drücken und nicht ins Gebäudeinnere, den „weißen (bisher sauberen) Bereich“, gelangen.
Bereits am Freitagabend fand für die Mannschaft ein zweistündiger Vortrag von Torsten Bodensiek zum Thema statt. Dazu konnte Kommandant Sebastian Müller auch Feuerwehrleute umliegender Gemeinden begrüßen.
Hintergrund: Seit 2019 gibt es die gemeinsame Führungskräfte-Fortbildung der drei Gemeinden. Kommandant Sebastian Müller initiierte sie damals. Erster Gast war Jan Südmersen (Fa. Feuerwehrhandwerk, Osnabrück). Nach einer Corona-Pause ging es im November 2021 mit Markus Pulm (Berufsfeuerwehr Karlsruhe, „Falsche Taktik, Große Schäden“) weiter. Im November 2022 sprach u.a. Andreas Gattinger (Berufsfeuerwehr München) über Ausbilden in der Feuerwehr, im folgte Ende 2023 – als allgemeiner Informationsabend – der damalige Wehrführer der Verbandsgemeinde Altenahr, Frank Linnarz, der hautnah über die Hochwasser-Katastrophe im Ahrtal im Sommer 2021 berichtete.
In der Theorie ging es um das Ausräumen zahlreicher Mythen - hier um den richtigen Abstand zwischen Lüfter und Zuluftöffnung.
Zur Darstellung des Luftstroms diente das Flatterband - der Lüfter stand knapp 60 Meter entfernt (über zwei Stockwerke!).
Im Echteinsatz hätte der Trupp ruckzuck zum Brandraum vorgehen und dann "mit dem Wind" eindringen können.
Oben in der Mitte ist leicht der Nebel zu sehen. Der Ventilationskanal betrug knapp 60 Meter über zwei Stockwerke.